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  Zitate aus "Zeichen am Weg" / Vägmarken / Markings  
           
   

Nachfolgende Zitate aus Hammarskjölds posthum veröffentlichtem Tagebuch beziehen sich auf die deutsche Ausgabe von 1965, übersetzt von Anton Graf Knyphausen.
2005 wurde eine überarbeite Ausgabe vom Knaur Verlag herausgegeben.

 

 

 

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64
Wie ermüdend, in der Rolle, die die unsere ist, zu einer Rolle gezwungen zu werden, die nicht die unsere ist: als den, der du im Innersten sein mußt, um deine Aufgabe zu erfüllen, darfst du dich nicht zeigen - damit man dir gestattet, sie zu erfüllen.

73
» Who has this great power to see clearly into himself without tergiversation, and act thence, will come to his destiny.«

75
» I cannot go to cure the body of my patient, but I forget my profession, and call unto God for his soul.«
» Wir tragen in uns die Wunder, die wir außerhalb von uns suchen.«
Vieldeutige Sätze, weil sie die Wahrheit enthalten über alle Arbeit für den, der Gottes Reich sucht.

75
» L'homme tragique, s'il a cette lumiere qu'est le Dieu caché—: il n'y a plus moyen de vivre moyennement, if faut vivre dans la tension sans repos d'exigences exclusives—.«
In the process of this absolute sincerity one can arrive at a knowledge of what will occur."

19  (1941)
Dämonen kommen ungeladen, wenn das Haus leer steht. Anderen Gästen mußt du schön die Tür öffnen.

21
Du kannst nicht spielen mit dem Tier in dir, ohne ganz Tier zu werden, nicht mit der Lüge, ohne das Recht zur Wahrheit einzubüßen, nicht mit der Grausamkeit, ohne die Zartheit des Geistes zu verlieren. Wer seinen Garten rein halten will, darf keinen Fleck dem Unkraut überlassen.


Der Weg zur Einsicht geht nicht durch den Glauben. Erst durch die Einsicht, die wir gewinnen, wenn wir dem fliehenden Licht des Innersten folgen, vermögen wir zu erfassen, was Glaube ist. Wie viele wurden nicht durch das leere Gerede vom Glauben als einem
Für-wahr-Halten in das Dunkel getrieben!

Die Obertöne verklingen, und übrig bleiben Gespräche, die in ihrer Armut den Mangel an Gemeinschaft nicht verbergen können. Aber warum, warum?
Wir greifen nach dem anderen. Umsonst-weil wir nie wagten, uns selbst zu geben.

Wenn man eine von seinen geistigen Verbrennungsprodukten erfüllte Luft eingeatmet hat, erinnert man sich, daß nur dort ein sparsames Grün überleben kann, wo die Dämpfe der Schwefelfabrik nicht hingelangen. - Man fragt sich: wann wurde das so-und wie viele Generationen werden die Wirkungen spüren?


Auf welcher gesellschaftlichen Ebene auch immer die Intrigen angelegt sind und der Kampf geführt wird - unbeschadet der äußeren Bedingungen, verrät auch der »beste Kopf« untrüglich seine Naivität, wenn es um die eigene Stellung geht. Es gibt so wenige Kniffe. Wer sich mit dergleichen abgibt, ist blind und taub wie ein balzender Auerhahn und nicht am wenigsten dann, wenn er sich am scharfsinnigsten dünkt. Um diese Gnade kann man beten: daß das Eigeninteresse - das unvermeidliche - nie eine heitere, erkennende Selbstbetrachtung lähmen möge, ohne die solche Situationen nicht zu retten sind.


> Gott stirbt nicht an dem Tag, an dem wir nicht länger an eine persönliche Gottheit glauben, aber wir sterben an dem Tag, an dem das Leben für uns nicht länger von dem stets wiedergeschenkten Glanz des Wunders durchstrahlt wird, von Lichtquellen jenseits aller Rationalität.

Ein junger Mann, (Jesus) streng in seiner Hingabe an das Leben, der den Weg seiner Möglichkeit ohne Selbstbedauern oder ein Bedürfnis nach Mitleid zu Ende geht in das selbstgewählte Schicksal, auch die Gemeinschaft opfernd, als die anderen nicht in eine neue Gemeinschaft folgen.

Auf seine Möglichkeit setzen-. Warum? Opferte er sich für andere doch um seiner selbst zvillen-in einer erhabenen Egozentrik? Oder verwirklicht er sich selbst um anderer willen? Die Scheidelinie verlauft zwischen Nichtmensch und Mensch.

47
In Satans Kartenspiel liegen die Karten des Fluchs und der Zerstörung Kante an Kante mit der Karte der Vollendung. Nur die Liebe fehlt. - Versteht er, daß er darum vielen Menschen zum Schicksal wurde? Für den einen wurde er zum Gottersatz. Für den anderen stellte er eine verpflichtende Beziehung dar, die niedergekämpft werden mußte.

51
Doch mich durchschwebt die Vision von einem seelischen Kraftfeld, geschaffen in einem ständigen Jetzt von den vielen, in Wort und Taten ständig Betenden, im heiligen Willen Lebenden.

59  (Ostern 1955)
Rumi: »Wer Gott liebt, hat keine Religion außer Gott.«

Der Reine mag alles rein rinden, aber wenn das von ihm nur durch Nachgeben erreicht werden kann, wird es unrein-und dabei . gibt es keine Gradunterschiede.

61
In diesem intuitiven »Wiederfinden«, das zum Ariadnefaden meines Lebens wurde - Schritt für Schritt, Tag für Tag -, ist nun das Ende ebenso greifbar wie die geahnte Pflicht von morgen.

63
- ein Kontakt mit der Wirklichkeit, leicht und stark wie die Berührung einer geliebten Hand: Einheit in einer Selbstaufgabe ohne Selbstauslöschung, mit des Gefühles Klarheit und des Verstandes Wärme. Wie nahe in Sonne und Wind, wie fern --. Wie anders, als was die Weisen Mystik nennen.

65
Ein eifersüchtiger Traum, der dich nicht teilt mit anderem oder anderen: der Menschen größter - der Traum von der Menschheit. \ Der Menschen größter; und höchster Traum des Individuums - sich in ihn zu verlieren.
Dafür: gerne Tod oder Scham, wenn es das ist, was er fordert. Dafür: wie leicht, zu verzeihen.

65
Le courage de nos differences. Unter Verantwortung hinnehmen, was trennt - in Demut und Stolz. In diesen »Neuen« wird die Menschheit verraten oder erlöst.


30. 8. 1956
Jenseits aller Glaubensfragen. Es ist eine Idee, der du dienst-diese Idee, die siegen muß, wenn eine Menschheit, dieses Namens würdig, überleben soll.

62
alles Deine bist du diesem Traum zu schenken schuldig, der nur dadurch sich in der Wirklichkeit verankert.

68
Das »mystische Erlebnis«. Jederzeit: hier und jetzt - in Freiheit, die Distanz ist, in Schweigen, das aus Stille kommt. Jedoch - diese Freiheit ist eine Freiheit unter Tätigen, die Stille eine Stille zwischen Menschen. Das Mysterium ist ständig Wirklichkeit bei dem, der inmitten der Welt frei von sich selber ist: Wirklichkeit in ruhiger Reife unter des Bejahens hinnehmender Aufmerksamkeit. Der Weg zur Heilung geht in unserer Zeit notwendig über das Handeln.

69
Wenn Morgenfrische der Mittagsmüdigkeit weicht, wenn die Beinmuskeln vor Anspannung beben, wenn der Weg unendlich scheint und plötzlich nichts mehr gehen will, wie du wünschest - gerade dann darfst du nicht zaudern.

70  (Karfreitag 1956)
il ne faut pas dormir pendant ce temps-là.«
Il ne faut pas-. Und für den Wachenden ist das Ferne gegenwärtig-gegenwärtig auch in Verbindung mit dieser Menschheit, in welcher Jesus jeden Augenblick stirbt in irgendeinem, der dem Weg der inneren Zeichen folgte bis zum Ende.

74
Die äußerste Erfahrung ist eine:
» Only the most absolute sincerity under heaven can bring the inborn talent to the füll and empry the chalice of the nature. He who can totally sweep clean the chalice of himself can carry the inborn nature of others to its fulfiliment.----- this clarirying activity has no limit, it neither stops nor stays.----- it stands in the emptiness above with the sun, seeing and judging, interminable in Space and in time, searching, enduring -----.----- unseen it causes
harmony; unmoving it transforms; unmoved it perfects -.«
Tsi Si*, nicht (Meister) Eckhart.

* Philosoph und Enkel des Konfuze

76
Von dieser Einsicht her sollte es dir leicht sein, zu lächeln zu der Kritik an mißverstandenen Entschlüssen, zu dem Spott über fehlgedeutete, Äußerungen von »Idealismus« und über die Totsagung dessen, dem du, von außen gesehen, dein Leben widmest.

78
Wenn aliein das Ziel das Opfer rechtfertigen kann - wie kannst du dann einen Schatten von Bedeutung darin finden, ob der Einsatz mit einem Namen verbunden bleibt oder nicht? Wie deutlich zeigt das doch, daß dein Handeln beeinflußt wurde von dem eitlen, toten Traum von »Erinnerung«.

81  (24. 2. 1957)
Man kommt dahin, die Erbsünde zu erkennen - und zu kennen-, diesen düsteren Kontrapunkt des Bösen, der in unserem Wesen, ja, von unserem Wesen, doch nicht unser Wesen ist. Daß jemand die Katastrophe bejaht für das, dem wir zu dienen suchen, und Unglück sogar für die, zu denen wir halten.
Leben in Gott ist nicht Flucht aus dem Leben, sondern der Weg zur vollen Einsicht: Es ist nicht unsere Verdorbenheit, die uns zu einer fiktiven religiösen Lösung zwingt, sondern das Erleben der religiösen Wirklichkeit, welches die Nachtseite ans Licht bringt.


82  (7. 4. 1957)
Wie lebte der Freigeborene im ständigen Bewußtsein alles Unrechts in der Vergangenheit, aller Nichtigkeit inmitten des Jetzt? Wie - täglich - konnte ich mir verzeihen?
Das Leben urteilt über mich-mit der Liebe, deren ich selber mächtig bin. Urteilt über mich mit der Geduld, die auf die Ehrlichkeit meines Strebens antwortet, seine Forderung zu erfüllen; und mit einer Gerechtigkeit, vor welcher der kleine Erklärungsversuch der Selbstbehauptung nicht zählt.

85
Wie furchtbar, unsere Verantwortung. Wenn du versagst, dann ist es Gott, der durch deinen Betrug an ihm vor der Menschheit versagt. Du bildest dir ein, du könntest die Verantwortung Gott gegenüber tragen; kannst du die Verantwortung tragen für Gott?

90
Dieses Körpers Feuer
brennt in Reinheit, hebt ihn in die Flamme der Selbsthingabe,
vernichtet seinen geschlossenen Mikrokosmos.
Einige sind erwählt, um dadurch an die Schwelle der endgültigen
Ü berwindung geführt zu werden, zum Schöpfungsakt des Opfers
statt zu körperlicher Vereinigung - in einem Blitzschlag von der
gleichen blendenden Kraft.

93  (9.2. 1959)
Was die »Elite« von der Masse scheidet, ist nur die Forderung nach Qualität. Und dies in einer Verantwortung für alle allen gegenüber und für die Vergangenheit der Zukunft gegenüber, eine Verantwortung, welche eine demütige und spontane Integration im Leben spiegelt-in dessen unendlicher Perspektive und niemals wiederkehrendem Jetzt.

102
Schöpfst du? Vernichtest du?
Dies sind die Fragen
für deine Eisenprobe.

106  (3. 12. 1960)

Antwort,
du sollst lernen sie.
Freude,
du sollst vergessen sie.
Weg,
du sollst gehen ihn.
Kelch,
du sollst leeren ihn.
Schmerz, .
du sollst verbergen ihn.
Schluß,
du sollst ertragen ihn.

108
Auf dem weiteren Weg lernte ich, Schritt um Schritt, Wort für Wort, daß hinter jedem Satz des Helden der Evangelien ein Mensch und ' die Erfahrung eines Mannes stehen. Auch hinter dem Gebet, es möge der Kelch von ihm genommen werden, und das Gelöbnis, ihn zu leeren.

108
Die anderen sah ich.
Jetzt bin ich der Erwählte,
fest gespannt auf den Block,
Opfer zu werden.

111  (6.7.1961)

Müde
und einsam.
Müde
bis der Verstand schmerzt.
Von den Klippen
rinnt Schmelzwasser.
Taub die Finger,
bebend die Knie.
Jetzt gilt es,
jetzt darfst du nicht loslassen.

Anderer Weg
hat Rastplätze
in der Sonne
sich zu begegnen.
Aber dieser Weg
ist der deine,
und es gilt jetzt,
jetzt darfst du nicht verzagen.

Weine,
wenn du kannst,
weine,
doch klage nicht.
Dich wählte der Weg-
und du sollst danken.


115  (24. 8. 1961)

Ist dies Neuland
in anderer Wirklichkeit
als der des Tages?
Oder lebte ich da
vor diesem Tag?

Erwachte.
(...)
Gedachte
anderer Träume,
gedachte
gleichen Gebirges:
zweimal war ich auf den Kämmen,
ich wohnte am innersten See
und folgte dem Strom
zu den Quellen.

79  (26. 12. 1956 – St. Stephanus Day)
» It merely happens to one man and not to others -----,
but he can take no credit to himself for the gifts and the responsibility
assigned to him. ----- destiny is something not to be desired and
not to be avoided. ----- it is a mystery not contrary to reason,
for it implies that the world, and the course of human history,
have meaning.«

 

 

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